Bier ist gut

Er ging zum Kühlschrank und suchte nach einem Bier. Durch die ihm entgegenströmende Kälte des Neonlichts stierten ihn die Augen des nicht mehr frischen Karpfens an, schienen ihn zu verhöhnen. In seinem Kopf hörte er ihn sagen: Schau mich nur genau an. Du bist genau so tot wie ich, fängst an zu riechen, genau wie ich. Nur das du lebendig begraben bist und ich in einem Kühlschrank langsam verwese. Frustriert nahm er seine Bierdose und schlug die Tür des Eisschranks zu. Während er angestrengt versuchte nicht auf das Foto von ihm und Janet zu blicken, daß mit einem Magnetpin daran befestigt war, öffnete er sein Budweiser zog an der Camel, die halbvergessen in seinem Mundwinkel hing, und lehnte sich gegen einen Küchenstuhl. Schau dir dein Leben an. Ein versoffener Penner bist du. Ohne Janet bist du genau da, wo du vor ihr gewesen bist: In einem stinkenden von Müll überschwemmten Loch von Wohnung, unrasiert, mit Boxershorts und einem uralten Redsox T-Shirt, das nur noch aus Dreck und Löchern besteht und bildest dir ein, von einem Karpfen verhöhnt zu werden.


Die Camel fiel auf den Boden. Er machte sich die Mühe sie auszutreten, bevor er uns Wohnzimmer ging, von wo ihm der Geruch von kalter Pizza und altem Bier durch die dichten Rauchschwaden eine Welle der Übelkeit bescherten. Mit der freien Hand strich er sich die schulterlangen, früher einmal gut gepflegten, Haare aus dem Gesicht. Sie hatten den gleiche Farbton wie seine Braunen Augen. Janet hatte sie immer Lassy-Augen genannt, weil sie ihm nie einen Wunsch abschlagen konnte. Nie. Nur an dem Tag, an dem sie ihren braunen College Koffer vom Schrank holte, konnte sie es. Tränen krochen in seine Augen, schnell trank er einen Schluck aus der Dose. Bier ist gut, dachte er. Bier ist immer für dich da, kann dich nie verlassen und schreit dich nicht an, wenn du ihm zum Geburtstag eine Schachtel Camel schenkst. Sie hatte ihn nur fassungslos und verletzt angeblickt, ihn gefragt ob er vergessen habe, daß sie nicht rauche. Da war es ihm wieder eingefallen. Janet rauchte nicht, Susann (seine Ex) tat es. Gut, daß er die Karte doch nicht gekauft hatte. "Happy Birthday, Susann!" wäre wohl noch schlimmer gewesen. Er setzte sich vor den Fernseher und sah sich eine Talkshow an. Nach einiger Zeit drang das Thema dieser Sendung in sein benebeltes Bewusstsein: Sie hat mich verlassen, weil ich unerträglich war. Er warf das Bier an die Wand, legte den Kopf zwischen seine Hände und schluchzte wie ein Baby. Ich liebe dich, heulte er wie ein gequältes Tier in die kalte Einsamkeit seiner Wohnung.


Als er wieder aufblickte, sah er das Bild einer atemberaubend engelsgleichen Frau auf der flimmernden Mattscheibe. Janet. Seine Janet. Wie bezaubernd sie doch war. Er begann ihren Worten zu lauschen, während er ganz nah an sie heranrückte. Ich liebe dich immer noch. Ich kann dich nicht vergessen. Es tut mir unendlich leid, daß ich gegangen bin. Bitte Ray, laß es uns noch mal versuchen. Vielleicht diesmal ohne Kamele!? Ruf mich bei Mom an. War das ein Traum? Von dem Gedanken, sie zurückhaben zu können, wurde ihm schwindelig. Er lehnte sich im Sessel zurück, griff zum Telefonhörer und wählte mit zittrigen Fingern. Während es klingelte strich er über seine Bartstoppeln. Ray? Ihre Stimme! Atemlos hauchte er: "Ich liebe dich ....“


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